Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Nach der für alle Beobachter überraschenden Ankündigung der Bundesärztekammer (BÄK) im Frühsommer 2024 nun einen mit den Versicherungen (PKV und Beihilfe) konsentierten Vorschlag präsentieren zu können, kam die Ernüchterung bekanntermaßen sehr schnell: starke Zuwächse für die sogenannte „sprechende“ Medizin von über 60%, Einbußen der diagnostischen Fächer Radiologie und Labor von 29%. Als es dann die Möglichkeit gab das zugehörige Zahlenwerk zu analysieren, mussten rasch annähernd alle Facharztgruppen feststellen in mehr oder weniger großem Ausmaß zu den Verlierern dieser Reform zu zählen, in einzelnen Bereichen sogar deutlich über den durchschnittlich vermeldeten 29%, bei einzelnen Leistungen sogar unter das Niveau des EBM. Und das sollte dann die Reform einer GOÄ aus dem Jahr 1996 darstellen, mit gänzlich geänderten Preisniveaus für Personal, Energie und Investitionen?
Akuter Gesprächs- und Handlungsbedarf
Der BDR hat als erster Berufsverband hierauf hingewiesen und seine Ablehnung auch öffentlich kundgetan. Sehr viele andere Facharztverbände sind uns rasch oder im Verlauf gefolgt. Mit unserem Protest konnte zumindest erreicht werden, dass das von BÄK und PKV/Beihilfe besprochene Regelwerk nicht unmittelbar an den Bundesgesundheitsminister als ein unter den Ärzten konsentierter Vorschlag übergeben wurde. Im Gegenteil, die BÄK sah sich gezwungen nochmals mit den einzelnen Verbänden im Rahmen eines Clearing-Verfahrens Gespräche zu führen über offensichtliche systematische Fehler im Rahmen des Gesamtvolumens und Ungleichgewichte innerhalb der Fachgruppen. Das alles aber in Gruppen und nicht in Einzelgesprächen. Der Termin zu diesem Gespräch für die Radiologie ist am 26.3.2025 zusammen mit der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG), der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR), der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie (GPR) sowie dem Berufsverband der Deutschen Neuroradiologen (BDNR). Hierauf werden wir uns innerhalb der Arbeitsgruppe der beiden Berufsverbände, die bereits den ursprünglichen konsentierten Vorschlag zur Reform mit erarbeitet hatte, aber auch zusammen mit den Fachgesellschaften vorbereiten.
Die Diagnostik trägt die Hauptlast
Hierbei muss es das Ziel sein zu substanziellen Veränderungen des aktuell vorliegenden Regelwerks zu kommen. Einbußen in der geäußerten und oben nochmals dargestellten Größenordnung gefährden die Radiologie als Ganzes in ihrer Existenz. Nur eine leistungsgerechte und in der Relation zu den Aufwendungen ausgewogene Vergütung kann das hohe Niveau der radiologischen Leistungserbringung halten und weiterentwickeln. Mit dem derzeitigen Entwurf wird die Umsetzung technischer Innovationen in den Alltag so erschwert, dass sie vielerorts auch nicht mehr stattfinden wird (können). Ist es nicht das Ziel der PKV ihren Versicherten, genannt Kundinnen und Kunden, die bestmögliche Diagnostik und Therapie anzubieten? Sollte hier übersehen worden sein, dass dieses Defizit durch vermehrte klinische Betreuung und Besprechung nicht ausgeglichen werden kann?
Der BDR ist sich mit annähernd allen anderen am Prozess Beteiligten einig, dass es einer Reform der GOÄ bedarf, dass es dieser Reform jetzt bedarf und dass Ungleichgewichte, die bisher zuungunsten der „sprechenden“ Medizin bestehen auszugleichen sind. Allerdings wohl kaum zu Hauptlasten der Diagnostikfächer, ohne die jegliche Therapie auf unsicherem Terrain stehen würde. Das zuletzt gesagte offenbart eine weitere Gefahr, die in dem aktuellen Reformvorschlag zur GOÄ lauert: das neuerliche Aufflammen eines Konfliktes zwischen Haus- und Fachärzten. Während erstere Gruppe überdurchschnittlich profitieren würde, sollte die GOÄ in dieser Weise reformiert werden, hätte letztere Gruppe fast durchgehend das Nachsehen. Dazu darf es, sollte eine Diskussion zur GOÄ auf dem diesjährigen Deutschen Ärztetag erfolgen, nicht kommen. Denn davon profitiert innerhalb des Ärzteschaft niemand: nicht im hausärztlichen Bereich, nicht im angestellten Bereich der Kliniken, die möglicherweise derzeit dieser Diskussion eher von Ferne folgen, noch bei den Fachärzten. Verlierer hiervon wäre die Ärzteschaft allgemein, in ihrem Ansehen bei den Vertretern der Landes- und Bundespolitik, vor allem aber auch der breiten Öffentlichkeit unserer Patientinnen und Patienten.
Ausblick
Damit es hierzu möglichst nicht kommt, bereitet sich der BDR zusammen mit dem BDNR und den Fachgesellschaften intensiv auf das Gespräch am 26.3.25 mit der BÄK vor. Aktuell werden dazu auch Vorschläge erarbeitet, wie aus unserer Sicht eine substanzielle Verbesserung gelingen könnte. Unterstützen Sie uns dazu innerhalb der beiden Berufsverbände und/oder den beteiligten Fachgesellschaften, vor allem aber durch Ihr Vertrauen in unsere Arbeit. Nur gemeinsam haben wir ausreichendes Gehör bei unseren Gesprächspartnern. Es liegen schwierige und arbeitsreiche Wochen vor uns. Diese scheuen wir nicht, behalten uns aber weiterhin vor bei unserer initialen Ablehnung zu bleiben, wenn keine ausreichende Verbesserung erreicht werden kann.
Der BDR steht für eine politisch geeinte Ärzteschaft und lehnt jede Form der immer wieder versuchten Spaltung in Haus- und Fachärzte ab. Arbeiten wir gemeinsam daran, dass es dazu nicht kommt!
Prof. Hermann Helmberger
München