Auch Männer haben Brustkrebs Brustkrebsmonat Oktober: Interdisziplinäres Brustzentrum des UKJ behandelt Männer und Frauen mit Erkrankungen der Brust
Dienstag, 21. Oktober 2025
Jena (UKJ/kbo). Schon lange vor seiner Diagnose spürt Jürgen Schaller einen Knoten in seiner linken Brust. Doch an Brustkrebs verschwendet der heute 64-Jährige aus Hof keinen Gedanken – Männer und Brustkrebs, das passt für ihn nicht zusammen. Erst, als er bei einer Untersuchung wegen Rückenschmerzen seinem Arzt den Knoten zeigt und der ihn in die Frauenklinik überweist, wird die Diagnose zur Realität. Sowohl die Bildgebung als auch eine eingeholte Zweitmeinung bestätigen den Befund: Jürgen Schaller hat Brustkrebs. Im Januar 2024 kommt er zur Behandlung ans Interdisziplinäre Brustzentrum der Klinik für Frauenheilkunde und Fortpflanzungsmedizin unter der Leitung von Prof. Dr. Dirk Bauerschlag am Uniklinikum Jena (UKJ).

„Wir behandeln im Brustzentrum selbstverständlich auch Männer mit Brustkrebs, auch wenn der männliche Brustkrebs mit einem Prozent sehr selten ist“, sagt Dr. Stefanie Schütze, Oberärztin in der Frauenklinik und Leiterin des Interdisziplinären Brustzentrums. Zum Vergleich: Bei Frauen ist Brustkrebs die häufigste Krebsart, jährlich erkranken in Deutschland etwa 70.000 Frauen, aber nur 700 Männer. „Die Behandlung ist aber im Grunde dieselbe“, sagt die erfahrene Ärztin. Operation mit nachfolgender antihormoneller Behandlung, gegebenenfalls Chemotherapie und Bestrahlung. Wichtig ist Stefanie Schütze: „Wir gehen immer sehr individualisiert vor, denn Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs.“

Bei Jürgen Schaller schlagen die Ärztinnen und Ärzte des Brustzentrums zunächst vor, mit einer Chemotherapie zu starten. Diese strengt Jürgen Schaller zwar an, erzielt aber den gewünschten Effekt: Der Tumor schmilzt. Im Anschluss folgt dann in einer Operation die Entfernung der linken Brust. Schließlich erhält er noch einen Monat lang Bestrahlung.

Gleich mehrere Besonderheiten

Die feingewebliche Untersuchung zeigt: Jürgen Schallers Tumor ist HER2-positiv, eine aggressivere Form von Brustkrebs“, erklärt Stefanie Schütze. „Heute gibt es dafür zum Glück zielgerichtete, individuelle Therapien, vor allem mit Antikörpern.“ Genau eine solche erhält Jürgen Schaller aktuell noch im Brustzentrum in Form von dreiwöchigen Spritzen. Und noch etwas kommt bei ihm hinzu: Jürgen Schaller trägt eine BRCA2-Genveränderung, die das Risiko für Brustkrebs deutlich erhöht. Etwa fünf bis zehn Prozent der Erkrankungen sind genetisch bedingt. Zwar hat Jürgen Schaller nur einen Sohn und keine Tochter, dennoch rät Stefanie Schütze, das Thema familiärer Brustkrebs im Kopf zu behalten. Eine genetische Testung des Sohnes kann Aufschluss geben, ob die Genveränderung vererbt wurde. In diesem Fall wäre eine intensivierte Vorsorge angebracht.

Mit dem Behandlungsverlauf von Jürgen Schaller ist nicht nur sein Behandlungsteam bislang zufrieden, auch der Patient selber. Und: Er ist sehr dankbar für die Unterstützung im Brustzentrum. Im neuen Jahr steht für ihn eine neue Bildgebung an, danach muss er noch fünf Jahre lang regelmäßig zur Brustkrebsnachsorge.

Brustkrebs ist keine reine Frauensache

Jürgen Schaller geht ganz offen mit seiner Diagnose um und will mit seiner Geschichte die Aufmerksamkeit stärken und Männern Mut zusprechen, auf ihren Körper zu achten. Brustkrebs ist eben keine reine Frauensache: „Männer, geht zum Arzt, wenn ihr Veränderungen bemerkt“, sagt er. Zwar sei es auch für ihn merkwürdig gewesen, als Mann in die Frauenklinik zu kommen. Er kann Männern jedoch die Scheu nehmen: „Ich wurde jederzeit ernst genommen.“ Frauen rät das Team des Brustzentrums ohnehin, als beste Krebsvorsorge die Brüste regelmäßig selbst abzutasten und auf Veränderungen zu achten. „Regelmäßiges Abtasten der Brust ist aber auch bei Männern wichtig“, sagt Stefanie Schütze. Der Vorteil bei Männern: Das Drüsengewebe sitzt direkt hinter der Brustwarze. Veränderungen fallen dadurch häufig schneller auf und verursachen früher Beschwerden als bei Frauen.

Abendvorlesung am 29. Oktober mit pinker Beleuchtung: „Brustkrebs – Was muss ich wissen?“

Zum Abschluss des Brustkrebsmonats lädt das Universitätsklinikum nicht nur am Mittwoch, 29. Oktober, um 19 Uhr zur Abendvorlesung „Brustkrebs – Was muss ich wissen?“ mit der Leiterin des Interdisziplinären Brustzentrums Dr. Stefanie Schütze ein. Als besonderes Highlight wird an diesem Abend auch das Klinikgebäude pink erstrahlen – als Zeichen der Solidarität mit Brustkrebsbetroffenen. Der Brustkrebsmonat Oktober wird auch als „Pinktober“ bezeichnet und soll das Bewusstsein für die Erkrankung schärfen und die Bedeutung von Früherkennungsuntersuchungen hervorheben. 
Die kostenlose Hybridveranstaltung beginnt um 19 Uhr im Hörsaal 1 im UKJ in Lobeda und kann auch online verfolgt werden. 

Der Einwahllink samt Kenncode findet sich auf der Homepage https://www.uniklinikum-jena.de/Abendvorlesung.html. Fachpublikum und Medizininteressierte sind herzlich eingeladen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Dr. Ulrike Wickmann und Dr. Stefanie Schütze aus dem Brustzentrum sprechen über Brustkrebs.
 

Noch mehr zum Thema Brustkrebs gibt es im Podcast REZEPTFREI – Die UKJ-Erklärsprechstunde. Dr. Stefanie Schütze und ihre Kollegin Dr. Ulrike Wickmann sprechen in der aktuellen Folge „Brustkrebs verstehen, behandeln, bewältigen“ ausführlich über Brustkrebs: https://www.uniklinikum-jena.de/Podcast.html.

20 Jahre Interdisziplinäres Brustzentrum

Gegründet im Oktober 2005 ist das Interdisziplinäre Brustzentrum des UKJ eines der ältesten zertifizierten Brustzentren Deutschlands. Hier arbeitet das Team der Frauenklinik eng mit verschiedenen Fachrichtungen wie der Pathologie, Radiologie, Internistischen Onkologie, Psychoonkologie, dem Sozialdienst sowie der Strahlentherapie und Nuklearmedizin zusammen. Den Betroffenen wird so eine qualifizierte Behandlung aus einer Hand ermöglicht. Die Wege und die Zeit bis zur sicheren Diagnose für Patientinnen und Patienten werden so kurz wie möglich gehalten. Pro Jahr hat das Team des Brustzentrums mehr als 5.000 ambulante Patientenkontakte und betreut etwa 450 stationäre Fälle. Das Altersspektrum reicht von der Pubertät bis ins hohe Lebensalter von über 90 Jahren.