Krebsdiagnostik durch Biopsie
Freitag, 12. Januar 2018
Prostata: Gewebeentnahme oft unnötig
 
Gut- oder bösartig? Gerade bei Veränderungen an der männlichen Vorsteherdrüse ist diese Frage oft nur durch Gewebeproben zu beantworten. Doch der Eingriff gilt als riskant und zufällig. Heidelberger Mediziner haben ein schonendes, bilddiagnostisches Verfahren entwickelt, um Biopsien auf ein Minimum zu reduzieren.
Metallraster als Führungsschablone zur gezielten Biopsie

Treffsicher statt blind und freihändig: Biopsie-Nadeln können über eine Metallschablone mit Koordinatensystem millimetergenau in die Prostata eingeführt werden.

Eine Krebsgeschwulst an der Prostata ist nur schwer auszumachen. Im Frühstadium ist sie sehr klein und kann daher bei der Früherkennungsuntersuchung vom Arzt nicht ohne weiteres ertastet werden. Selbst die zum Standard zählende Blutuntersuchung mit Bestimmung des PSA-Werts (Prostataspezifisches Anti-Gen) gibt nicht zwingend Sicherheit – bestenfalls ist sie Indiz für eine Krebserkrankung. Dann raten Urologen deshalb bei Prostata-Problemen zu einer Entnahme von verdächtigem Gewebe mit anschließender pathologischer Untersuchung. Sie gilt oft als notwendig – aber genauso als riskant.

Konventionelle Biopsie: „Blind verteilte Gewebeentnahmen“

Doch die konventionell durchgeführte Biopsie stellen Heidelberger Prostata-Experten jetzt infrage. "Man muss sich vor Augen führen, wie die Biopsie normalerweise durchgeführt wird“, sagt Martin Löhr, Leiter der Klinik für Prostata-Therapie in Heidelberg. „Ungezielt werden in der Regel zehn bis zwölf blind verteilte Gewebeentnahmen durch den Enddarm aus der Prostata entnommen." Die Trefferquote für ein vorhandenes Prostatakarzinom liege bei höchstens 30 Prozent, sodass bei vielen Patienten später Wiederholungsbiopsien notwendig würden. Die Biopsie, ergänzt Thomas Dill, ebenfalls Leiter der Heidelberger Klinik, sei „meist vom Zufall geleitet“. Mancher Tumor bliebe am Ende unentdeckt.

Informationen aus MRT und Ultraschall zusammenführen

Die Heidelberger Urologen nutzen nach eigenen Angaben ein neuartiges Verfahren, in dem sie Informationen verschiedener bildgebender Diagnostikmethoden zusammenführen (hier: Magnetresonanztomografie/MRT und eine spezielle Ultraschalltechnik). Mit ihm können sie krebsverdächtige Bereiche gezielt erfassen. Ist das Ergebnis der bildgebenden Verfahren unauffällig, kann auf eine Biopsie komplett verzichtet werden. Ist der Krebsverdacht offensichtlich begründet, können die Mediziner demnach Tumore sicherer lokalisieren, auffällige Herde und gezielt punktieren – und damit überflüssige Biopsien völlig vermeiden: „Ist ein Tumor da, wird er auch gefunden.“

Möglichst sparsam stanzen – aber dann gezielt

Hierfür verwenden die Spezialisten ein millimetergenaues Raster, das fest mit dem Behandlungstisch verbunden ist: Über diese Metallschablone können sie Biopsie-Nadeln präzise in die Prostata einführen und Gewebeproben aus dem Organ entnehmen. „Wenn die Biopsie wirklich angezeigt ist, muss man sie auch richtig machen“, sagt Klinikchef Dill. „Und man muss sich dabei auf möglichst wenige Stanzen beschränken.“

Unnötige Biopsien sollen dem Patienten erspart bleiben

Eine klinikinterne wissenschaftliche Auswertung ergab bei Krebsverdacht eine Detektionsrate von gut 90 Prozent. Das bedeutet nach Aussagen der Heidelberger Mediziner: Unnötige Biopsien bleiben dem Patienten erspart und dort, wo sie gemacht werden, kann sich der Urologe auf das Biopsie-Ergebnis verlassen und die richtige Therapieentscheidung treffen: Die anschließende Behandlung kann sich auf die Areale im Organ beschränken, in den Tumorzellen nachgewiesen werden. Tumorfreie Areale können demnach ausgespart bleiben – was die Wahrscheinlichkeit erhöht, Funktionen der Prostata trotz Krebsdiagnose zu erhalten.

Die Heidelberger Klinik ist nach eigenen Angaben die erste in Deutschland, die bei der Prostatakrebs-Behandlung als Standard das Verfahren der „Irreversiblen Elektroporation“ (IRE) einsetzt. Hierbei werden Krebszellen mit Spannungsimpulsen zerstört. Eine weitere Therapievariante ist das „HIFU/Sonablate-Verfahren“, das hochintensiven, fokussierten Ultraschall nutzt.

Foto: © Klinik für Prostata-Therapie Heidelberg (M. Boeckh)

Quelle:

https://www.gesundheitsstadt-berlin.de/prostata-gewebeentnahme-oft-unnoetig-11999/?utm_source=CleverReach&utm_medium=email&utm_campaign=12.01.2018_Newsletter+1&utm_content=Mailing_12097496

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